Jean Paul (d. i. Johann Paul Friedrich Richter). Levana oder Erziehungslehre. In zwei Bänden. 2 Bände. Braunschweig, Friedrich Vieweg 1807 (eig. 1806). Kl.-8°. [4] Bl., 320 S.; [2] Bl., 443, XXXVI, 11 S. Hldr. d. Zt. mit goldgepr. Rückensch., reicher Rückenverg. u. Grünschnitt.
Berend/Krogoll 20 a. u. 21 a. Slg. Borst 1054. Goedeke V, 465, 22. W.-G.² 26. – Erste Ausgabe, mit dem dazugehörigen Ergänzungsband im Anhang (″Ergänzungs-Blatt zur Levana“), der die Druckfehler zum Hauptwerk enthält (diese konnten wegen der Unterbrechung der Postverbindung durch den Krieg dem Hauptwerk nicht mehr beigebunden werden, vgl. Berend-Krogoll). – „Kaum weniger eng als die „Vorschule“ ist J.s „Levana“ (1807) mit seinem dichterischen Werk verbunden. Man könnte die Hauptgedanken dieser „Erziehlehre“ aus den großen Romanen herleiten. Hier wie dort erscheint die Kindheit als paradiesischer Zustand in der Reinheit des Herzens, das Jünglingsalter als die eigentliche Blütezeit des Lebens mit der reichsten Entfaltung aller geistigen und sittlichen Kräfte. Erziehergestalten werden als Vorbildmenschen gezeichnet, Bildungsinhalte und Entwicklungswege von einem Idealziel her gewählt. Auch daß J. der Mädchenerzichung wie der Fürstenerziehung umfangreiche Kapitel gewidmet hat, entspricht der Thematik seiner Romane. Reiche Erfahrungen aus der Schwarzenbacher Lehrerzeit kamen hinzu und als jüngste „Mitarbeiter“ die eigenen Kinder. Von Rousseau, Herder und Pestalozzi hat J. viel Grundsätzliches übernommen, im einzelnen jedoch auch häufig sich deutlich von ihnen abgegrenzt. Oberster pädagogischer Leitsatz ist für ihn die Schonung und Förderung der Individualität als „Wurzel jedes Guten“. Die Aufgabe der Erziehung sieht er darin, den jeder Individualität innewohnenden „idealen Preismenschen“ aus dem „Anthropoliten“, der ihn gefangenhält, zu befreien, Entfaltungsmöglichkeiten und Bildungsanreize zu bieten, egoistische Abirrungen durch Weckung des Bewußtseins der Verantwortlichkeit zu verhüten, keine hypertrophierende Einzelkraft zu schwächen, sondern ihr eine Gegenkraft zu erwecken. J.s Erziehungsideal ist von seiner Genielehre nicht zu trennen: daher die hohe Bedeutung, die er der Pflege der Phantasie zuschreibt. Hiermit wird jedoch nicht einer Überbewertung ästhetischer Bildung das Wort geredet, weil J. geniale Grundveranlagung als das jeder geistigen Individualität angeborene Absolute im Menschen betrachtet. Er kennt moralisches Genie, philosophisches Genie und religiöses Genie. Dem poetischen Genie räumt er nur deshalb Vorrang ein, weil es die drei anderen Genialitäten in sich aufnimmt und sie zu einer höheren Synthese führt“ (A. Elschenbroich in NDB X, 372 ff.). – Deckel geringf. berieben und mit Leimspuren, auf leicht bläuliches Papier gedrucktes, ausnehmend schönes, sauberes und dekorativ gebundenes Exemplar.
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