Tschechow, Anton

die Seiten sind altersbedingt gebräunt, Widmungseinträge, die Umschläge sind fleckig mit starken Kantenbestoßungen, Der Anstreicher: Was konnte sich die schöne Mascha, die verwöhnte Tochter des Ingenieurs Dolshikow, mehr wünschen - führte sie nicht ein angenehmes, sorgenloses Leben in Luxus und Eleganz zusammen mit ihrem Vater in der großen und verschwenderisch eingerichteten Villa? Sie ist gebildet, in den Künsten begabt, wird von Verehrern umschwärmt - und dennoch kann sie keine Befriedigung finden. In Missail, dem sie aus einer halben Laune heraus ihre Zuneigung schenkt, findet sie einen Gefährten. Er, Sohn eines Kleinstadtarchitekten und Anghöriger des niederen Adels, bricht mit seiner Familie, verzichtet auf Erbe und Karriere, um einer körperlichen Arbeit unter einfachen Menschen nachzugehen. Ein menschlich anindiges Leben führen - das t Mascha und Missail, läßt sie sich für progressive soziale Ideen begeistern und zur raktischen Tat schreiten. Doch ihr Unterfangen scheitert, muß scheitern, und damit zerreißt ich das schwache Band ihrer Ehe. - Dieser wenig bekannte leine Roman Tschechows ist eine glänzend geschriebene psychologisch fein nuancierte Stimmungsschilderung. Die Tragödie auf der Jagd: Auf einer Jagdpartie russischer Adliger wird eine junge Dame von ihrem Liebhaber ermordet. Was war das Motiv zur Tat? War es die Verzweiflung des Liebhabers über die sittliche Verderbtheit einer schönen Frau, die er als unverbildetes Naturkind kennen- und liebengelernt hatte und deren Unschuld er durch den Tod wieder herstellen wollte? Der Mörder, den Tschechow wie ein gewieger Kriminalautor verschleiert, kann seine Tat selbst nicht begreifen, er steckt selber schon zu tief im Sumpf dieser verrotteten gesellschaftlichen Verhältnisse, sein Herz ist gefühllos geworden, sein Inneres ist verhärtet. So daß er nicht einmal einen Anflug von Gewissensnot und Reue empfindet. Er lebt weiter, doch das Leben hat sich ihm entzogen. So lebt er in den Tag hinein, ohne Sinn und ohne Aufgabe - eine gestrandete Existenz. - Tschechow hat es verstanden, die spannende Kriminalhandlung durch eine feine Zeichnung der Psychologie der Charaktere zu vertiefen. Dieses Moment sowie die eigenwillige Gestaltung und farbige Sprache machen diesen einzigen Roman des Dichters zu einem literarisch vollgültigen Vorläufer der späteren Meistererzählungen. (von den Umschlägen) 4n4a