Beschreibung
Belser, Stuttgart-Zürich, 1990, 288 Seiten mit zahlreichen Bildern. Gebunden Leinen.
»Es gäbe keine Plastik, wenn nicht der Versuch, das Göttliche uns nahe, uns greifbar nahe zu rücken, die Bildhauer beseelt hätte. Ob Dämonen oder Götter spielt hierbei keine Rolle. Ob ich Furcht bannen oder Liebe erwecken will, sind nur zwei Facetten des gleichen Gefühls.« (Müller-Oerlinghausen, 1953) Berthold Müller-Oerlinghausen war nicht nur sinnenfroher und weitgereister Humanist, beredter Förderer der Künste, Sammler, Leiter einer Mosaik-Werkstätte, er war zunächst und vor allem Bildhauer, dem schon als Kind »das Blut in die Hände schoß«, wenn er mit Plastilin formte. In »bildloser« evangelisch-reformierter Umgebung begann durch den inneren Zwang, ständig Bild, »Figur« zu gestalten, ein lebenslanger Konflikt auf der Suche nach bildnerischer Harmonie. Nach behüteter Jugend, Studienbeginn und Teilnahme am Ersten Weltkrieg suchte er Antworten auf den Schock der »Verlorenen Generation«- Gemeinsam mit seiner Gefährtin Jenny Wiegmann konvertierte er zum Katholizismus und trug seine »Figur« in dessen Kunst, in die neuen Kirchen von Dominikus Böhm, Emil Steffann, Hans Herkommer. Dort war er ebenso »unzeitgemäß« wie nach 1933, als »große« Aufgaben auf figurative Bildhauer warteten, welche er jedoch künstlerisch wie politisch bewußt ablehnte. Er hatte sich bereits vOn den Aufträgen in die einsame Freiheit des Berliner Ateliers zu seinen »plastischen Tagebuch-Notizen« zurückgezogen. Schutz dieser inneren Emigration war nach außen die 1936 in Berlin gegründete Mosaik-Werkstätte, die freies, ja gegenstandsloses Arbeiten erlaubte. Nach der Befreiung 1945 baute Müller-Oerlinghausen in Kressbronn am Bodensee erneut ein Atelier und eine Mosaik-Werkstätte auf und wirkte wesentlich an der Erneuerung des Kulturlebens der Region mit. »Unzeitgemäß« blieb seine Figur jedoch auch jetzt, als die Abstraktion 1948 zur »Weltsprache« wurde. Doch Müller-Oerlinghausens Porträts, Akte, mythische und christliche Figuren, seine erzählenden Gruppen und Reliefs erscheinen uns heute nach der »sensationellen Rückkehr der gegenstandsbezogenen Kunst«, die Hans Küng 1979 feststellte, in neuem Licht. Wolfgang Henzes Monographie integriert das durchgehend illustrierte Verzeichnis der rund 600 Werke in eine Darstellung und Deutung der Voraussetzungen, Entwicklung und Schwerpunkte von Müller-Oerlinghausens Schaffen. Illustrierte Lebensdaten, Textdokumente, das Verzeichnis der Ausstellungen und eine ausführliche Bibliographie runden die Monographie ab.